Vasa bei Chaos Theory Nacht 'The Facemelter'
Es ist eine Herausforderung, „Drama“ einzufangen. Ganz einfach ausgedrückt, geht es darum, etwas Spannendes oder Emotionales zu erleben. Aber eigentlich ist es noch so viel mehr. Es geht um einen Adrenalinrausch, also ein überwältigendes Gefühl und das Unvermögen sich von den Geschehnissen abzuwenden.
Dem 33 Jahre alten Fotografen Jose Ramón Caamaño scheint es zu gelingen, genau diese Reaktionen durch seine Arbeit hervorzurufen. Im Alter von 20 Jahren begann er mit der Analogkamera seines Großvaters Fotos zu machen, und vor kurzem hat er sich in die hektische Welt der Fotografie bei Live-Konzerten gewagt. Er ist zwar noch ziemlich neu auf dem Gebiet, aber wenn man sich seine Bilder ansieht, könnte man denken, dass er ein alter Hase ist.
„Musik war schon immer meine Leidenschaft. Ich habe schon immer versucht, dass ich jede Woche zu einem Konzert gehe. Und London ist für mich natürlich fantastisch, weil einfach alle hier spielen. Vor einem Jahr war ich auf einem Konzert und habe mich entschieden, dass ich noch näher ans Geschehen ran will. Sprich: ich wollte noch professioneller an die Sache herangehen. Der Promoter, der das Konzert organisiert hat, fand meine Bilder gut und hat mich gefragt, ob ich auch zum nächsten Auftritt kommen könnte. Und so hat das Ganze damals so richtig angefangen“, erzählt her.
Jose und seine treue α7S besuchen jetzt bis zu zehn Konzerte im Monat und dabei reicht das Spektrum von Jazz, über Weltmusik bis hin zu Heavy Metal. Trotz der Vielschichtigkeit der Konzerte halten alle Fotos von Jose immer die positive Energie des Abends fest.
Zolle
„Meiner Meinung nach sollte man sich nicht nur auf das Geschehen auf der Bühne alleine konzentrieren, sondern auch die Stimmung im Publikum einfangen. Denn diese ist genauso wichtig. Nach Möglichkeit versuche ich immer, mich zu bewegen, denn man kann von nur einem Standpunkt aus nicht das perfekte Bild von jedem Bandmitglied machen. Manchmal gehe ich auch ins Publikum und mache von dort aus Fotos. So sieht man die Köpfe der Zuschauer im Vorder- und die Band im Hintergrund.“
Wenn er die Möglichkeit hat, nah genug an die Band heranzukommen, dann fängt er das Geschehen in Form von Nahaufnahmen ein. „Wenn man mit einem Weitwinkelobjektiv nah genug herankommt und von oben auf die Band blickt, bekommt man manchmal ein wirklich fantastisches Bild. Manchmal aber gibt es auch Verzerrungen, was dann ein echtes Problem ist.“ Der einzigartige Blickwinkel und die Tatsache, dass die Kamera viel näher am Motiv ist als man selbst jemals hinkommen könnte, sorgen für ein wirklich aufregendes, actionreiches Foto.
Eine weitere Technik aus Joses Arsenal ist es, mit Verschlusszeiten zu experimentieren. Eine sehr schnelle Verschlusszeit sorgt für einen klaren, detaillierten Schnappschuss vom Geschehen auf der Bühne. Wenn man aber die Verschlusszeit deutlich verlangsamt und dazu noch den Blitz nutzt, kommt es zu psychedelischer Unschärfe und Lichtstreifen. Und wenn man es richtig macht, verleiht das Ganze dem Bild eine Extra-Dimension.
„Ich mache das einfach gerne. Für mich sieht es gut aus, aber ich will es auch nicht übertreiben. Wenn ich es zu häufig einsetze, dann verliert das Ganze den gewünschten Effekt. Die meisten Bilder mache ich auf sehr „harten“ Konzerten. Und ich habe festgestellt, dass ich gerne dank dieser Lichtstreifen zeige, was so abgeht. Es ist wichtig, dass man das Ganze moderat einsetzt. Aber es ist schon ein sehr spektakulärer Effekt und man sieht auf eindrucksvolle Weise, was diese Bands so veranstalten.“
Circle beim Raw Power Festival 2015
Da sich ein Konzert immer drastisch vom anderen unterscheidet, ist es für Jose schwierig, seine Bilder im Voraus zu planen und sogar noch komplizierter zu ahnen, wo sich denn das Drama nun genau verstecken wird. Manchmal muss er es auch aus seinem Versteck locken. Und das heißt dann oftmals, dass er sich mitten ins Geschehen begeben muss.
„Einmal habe ich auf der Bühne Fotos gemacht, als plötzlich der Lead-Sänger der Band dem Verstärker auf der Bühne einen Fußtritt verpasst hat und dieser dann ein lautes und furchtbares „KREEEEIIIIIIIISCH“-Geräusch von sich gegeben hat – und das war so richtig laut. Der Sänger lag dann auf der Bühne und hat komische Bewegungen gemacht. Das musste ich einfach mit der Kamera festhalten, also blieb mir nichts anderes übrig, als mich mit dem lauten Geräusch abzugeben. Nach dem Konzert hatte ich dann eine Stunde lang ein Dröhnen in meinen Ohren.“
Und manchmal starrt Jose genau das Bild, das er sich vorgestellt hat, direkt in die Augen. „Manchmal findet man das Drama in der Beleuchtung, die es auf dem Konzert gibt. Viele Leute, die auf Konzerten fotografieren, beschweren sich über die Lichtverhältnisse, aber manchmal ist doch das Licht selbst dramatisch genug. Man kann mit dem Kontrast spielen, oder aber man entscheidet sich für wirklich dunklen Schatten mit nur ganz wenigen Lichtstrahlen. Manchmal reicht das schon völlig aus.“
Sly and The Family Drone
Diese nicht so ganz perfekten Lichtverhältnisse, von den Jose spricht, haben schon so machen Konzertbesucher zum Verzweifeln gebracht. Aber es ist genau so ein Szenario, bei dem die α7S von Sony so richtig aufblüht.
„Mit meiner letzten Kamera sind mir bestimmte Bilder bei typischen Konzertbedingungen einfach nicht gelungen. Es lag hier aber definitiv nicht an meinen Möglichkeiten, es lag daran, dass mir die richtige Ausrüstung fehlte. Einige Leute sagen zwar, dass es auf den Fotografen und nicht auf die Kamera ankommt, aber manchmal kommt es definitiv auf die Ausrüstung an. Ich habe mich aufgrund des Sensors für die α7S entschieden. Ich habe gesehen, dass diese Kamera bei schlechten Lichtverhältnissen gute Arbeit leistet. Ich habe auch die α7R ausprobiert und deren Bildqualität hat mir sehr gut gefallen.“
José kann nur in ganz seltenen Momenten seine Kamera weglegen und einfach das Konzert genießen. Er hat aber seinen ganz eigenen Weg gefunden, sich an den Abend und das Konzert zu erinnern. „Wenn ich mich auf das Fotografieren konzentriere, kann ich mich nicht wirklich auf die Musik einlassen. Aber wenn ich dann zuhause ankomme, setze ich meine Kopfhörer auf, höre die Musik der Bands und gehe dabei meine aufgenommenen Fotos durch. So erlebe ich das Ganze nochmal auf eine andere, aber wunderschöne Art und Weise.“
Obwohl er seine Arbeit eigentlich nie drastisch nachbearbeitet, nutzt Jose doch Adobe Lightroom, um seinen Bildern den letzten Schliff zu verleihen. „Wenn man die Konturen schärft, sieht das Bild meiner Meinung nach besser aus. Außerdem passe ich bei Bedarf Licht und Schatten an und füge etwas Kontrast hinzu. Auch die Farben muss ich normalerweise etwas anpassen, da die Farben durch die Beleuchtung auf der Bühne etwas zu übersättigt sind. Und das sieht nun wirklich nicht gut aus.“
Die Bedingungen bei einem Live-Konzert sind immer eine Herausforderung, aber mit dem gewissen Know-How und der richtigen Ausrüstung kann der Fotograf durchaus dieses eine, ganz besondere Bild aufnehmen. „Je mehr Bilder man aufnimmt, desto näher kommt man an das, was man sich vorgestellt hat. Wenn man hart arbeitet, dann findet man das Drama auch.“